Sonntag, 29. März 2015

Hartz IV
FHP: Freie Hartz IV Presse

                                                                Der Hartz IV - Notruf

An die Politik und alle MA der Jobcenter 

Weit über 6000 Obdachlose durch Sanktionen im Jahr 2014 und geschätzte 1000 Tote durch Suizide aus Verzweiflung an dem Hartz IV- Irrsinn
292.000 Wohnungs- und Mittellose in ganz Deutschland. Rechtswidrige "Mietobergrenzen" der Arbeitsagenturen die Bundesweit in hunderten Gerichtsurteilen, verurteilt wurden, uvm.


Leipzig, hat 1036 gemeldete freie Arbeitsstellen, dem stehen 33.127 Arbeitssuchende gegenüber. Das bedeutet zumindest mathematisch: 30 Bewerber auf 1 Stelle!
Erwerbsbiographien und Lebensumstände werden gezielt missachtet, Fallzahlen künstlich heruntergerechnet.

Alleinerziehende mit Klein-(en)kinder werden in sog. "Maßnahmen für Alleinerziehende" gesteckt, welche 9h.Anwesenheitspflicht verlangen und u.a. zusätzlich noch 2h An- und Abfahrzeiten erfordern.

Der Gesetzgeber / die Rechtsprechung, hat die " Vollzeit-Zwangsarbeit" für Alleinerziehende mit Kindern bis zum 12-13 Lebensjahr kategorisch ausgeschlossen.
Für Eltern mit älteren Kindern ist der Einzelfall zu betrachten.

Dennoch werden Alleinerziehende (nicht nur) in Leipzig sanktioniert, wenn sie den Forderungen nicht nachkommen (können).
Das SG Leipzig hat mit dem Beschluss vom 23.03. 2015 unter dem Aktenzeichen S 22 AS 1787/12 ER erneut eine solche Maßnahme für Rechtswidrig erklärt!


Sie, die MA der Jobcenter wissen
Das, die gegen Hartz IV. Bezieher getroffenen Aussagen im Kern wertlos, ja sogar falsch und Sanktionen einfach nur Menschenunwürdig, vermutlich auch Menschenrechtswidrig sind!

Ketzerische Aussagen, die im besonderen von polarisierenden Medien und Politiker wie die - BILD - und/oder - Müntefering (SPD) - über ein Jahrzehnt in alle Köpfe der Bevölkerung "eingehämmert" wurden.

Aussagen
"Wer nicht arbeitet, soll nicht essen" selbiger Personen und Medien, sind nicht nur Denklogisch falsch, sondern einfach Menschenverachtend!

Wer diese Aussage tätigt, stellt sich auf eine Stufe
mit:

Adolf Hitler, dem Gründer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP): "Wer nicht arbeitet, soll nicht essen. Und wer nicht um sein Leben kämpft, soll nicht auf dieser Erde leben. Nur dem Starken, dem Fleißigen und dem Mutigen gebührt ein Sitz hienieden."
und:
Stalin, dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU):
In der so genannten Stalin-Verfassung der UdSSR von 1936 heißt es: "Artikel 12. Die Arbeit ist in der UdSSR Pflicht und eine Sache der Ehre eines jeden arbeitsfähigen Bürgers nach dem Grundsatz: 'Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen'.

Richtig ist
Wer nicht`s zu Essen hat, kann nicht arbeiten!
Ein Körper ohne Energie ist, wie ein Motor ohne Sprit.

Schluss mit den Sanktionen
Es obliegt jedem einzelnen MA selbst, inwieweit er "interne Vorgaben" umsetzt.
Sicher, zeitgleich unterliegt er auch den internen Kontrollen, aber was viel wichtiger ist:
Jeder MA ist persönlich verantwortlich für mehrere 100 Lebensschicksale. Sie, die MA der Agenturen sind die Menschen, die das Leben von anderen zerstören oder retten, denn: Ein "dazwischen" gibt es nicht!

Sie, die Politiker wissen
Jede Sanktion lässt Kinder hungern, Kranke und alte Menschen frieren, ohne Strom dastehen und das "Recht auf Leben" zum reinen Existenz - und Überlebenskampf werden.

Bedenken sie immer
Es könnte auch jeden aus ihrer Familie, eines Tages treffen!
Essen, Kleidung, Strom, Medizin, Schulsachen uvm. sind u.a. auch und gerade für Kinder zu Luxusgüter geworden, weil die Beihilfen und Regelsätze evident unzureichend sind.

Sie, die MA der Jobcenter wissen
Wenn Sie sich als MA der Jobcenter zusammenschließen, eben sie die "Verantwortlichen für den Kunden", die menschenrechtsverletzenden Sanktionen nicht mehr umsetzen:
Ist "jeder Vorgesetzte" gezwungen, ihrer Entscheidung nachzugeben oder sich selbst an ihren Arbeitsplatz zu setzen!
Kein Jobcenter kann dutzende oder gar hunderte von MA auf einen Schlag entlassen, ohne das dieses dann zwangsläufig "in seiner Funktion" zusammenbricht!

Wenn Sie
Die einzelnen MA endlich den Mut finden, sich mit den Ärmsten zu solidarisieren, sie sich gegen das perfide Systhem auch öffentlich auflehnen, ist die logische Schlussfolgerung u.a. daraus:
Das diese Form der regiden Sanktions- und Sparpolitik der BA und Regierung zusammenbricht!

Es muss ihnen
Den MA der Jobcenter endlich bewusst werden,
dass sie tatsächlich jeden Tag: Mit Sanktionen und Leistungsverweigerungen in den Familien und bei den Betroffenen irreparable Schäden in vielfältiger Art und Weise, sowohl Gegenwärtig als auch für die Zukunft anrichten!

Familien zerbrechen
Kinder hungern, Eltern können nicht mehr den Strom, Miete und andere Dinge bezahlen, eben auch nicht mehr adäquat für ihre Kinder sorgen!
Kinder, Eltern, Kranke und ältere Menschen werden in ihrem Umfeld eingesperrt, isoliert und stigmatisiert!

Jede Sanktion fördert
Massive Wut, Hass, Verzweiflung, Elend, Hunger, Obdachlosigkeit und Kriminalität.

Folgen
Welche zu unberechbaren Reaktionen der Betroffenen gegenüber 3ten und Unbeteiligten führen kann! 

Nein
Ausreden kann man nicht mehr gelten lassen!

Sie, die MA der Jobcenter müssen aufwachen
Denn die Zeit, das "jeder Arbeit bekommt, wenn er will", ist lange vorbei und nach dem "können" wird nicht gefragt.
Diese Aussage, ist eine der schlimmsten Lügen unserer Politik in der gegenwärtigen deutschen Geschichte!

Es gibt
Weit über 6 Millionen Arbeitsuchende, jedoch nur rund 440.000.00 freie Stellen!
Etwa 35 % davon werden dem prekären Arbeitsmarkt (u.a. Zeitarbeit) und weitere ca. 20% der Teilzeitarbeit zugeordnet.

"Die Mär des Arbeitsunwilligen hat ausgedient", auch wenn es solche Menschen natürlich gibt, aber eben nicht die Regel sind!

Tatsache ist:
Es gibt nicht genug ordentlich bezahlte Vollzeit-Arbeit für alle und die Konsequenz daraus,
kann nur sein:
Die völlige Abkehr von der derzeitigen Politik, hin zum "Recht auf ein sanktionsfreies Leben"


Willkommen in der Realität des Jahres 2015
Retten sie Menschen -Familien -Existenzen durch den STOPP von Sanktionen und hören sie bitte auf, unschuldiges Leben zu zerstören!
©Perry Feth 
by Freie Hartz IV Presse

Freitag, 27. März 2015

Hartz IV
FHP: Freie Hartz IV Presse
Wieder lassen SPD und CDU die ärmsten Kinder aus Hartz IV Familien, also weit über 2 Millionen, im Stich!


Wir fordern die sofortige Wiedereinführung von Kleider-und Weihnachtsgeld wie aus der ehemaligen Sozialhilfe!


Die Kindergelderhöhung und der Steuerfreibetrag geht  wieder an ihnen vorbei. Das bedeutet im Kontext auch:
Das die Bundesagentur für Arbeit nun weitere Millionen einsparen kann, weil die Erhöhungen sofort auf den Hartz IV Regelsatz angerechnet werden.

Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag
Der Grundfreibetrag liegt derzeit bei 8.354 Euro und steigt 2015 um 118 Euro und 2016 um weitere 180 Euro. Der Kinderfreibetrag beträgt momentan 7.008 Euro und steigt 2015 um 144 Euro und 2016 um weitere 96 Euro. Diese Freibeträge sollen sicher stellen, dass der Staat das Einkommen für den notwendigen Lebensunterhalt von Erwachsenen und Kindern nicht besteuert.

Kindergeld und Kinderzuschlag
Außerdem erhöht die Bundesregierung das Kindergeld rückwirkend ab dem 1. Januar 2015 um vier Euro pro Monat und ab 1. Januar 2016 um weitere zwei Euro pro Monat. Ab 1. Juli 2016 soll der Kinderzuschlag um 20 Euro pro Monat erhöht werden.

Worauf arme Kinder verzichten müssen
Die Zahl der armen Kinder in Deutschland ist erschreckend hoch. Ihre Armut wirkt sich konkret aus, denn sie müssen auf vieles verzichten – nicht nur auf den Kinobesuch oder neue Möbel.
Wie erbärmlich muss eigentlich der Charakter von Politiker sein, wenn sie den besser gestellten noch mehr geben, während die ärmsten weiterhin nicht wissen, wovon sie u.a. die nächsten Schuhe für ihre Kinder kaufen.
Deutschland sollte sich ein Beispiel an Schweden oder gar Großbritanien nehmen!

Mittwoch, 25. März 2015

Bitte teilen!
Protesttag 15. April: (Nicht nur) Wuppertaler Zustände beseitigen!

Redaktionelle Anmerkung:
Der Forderung und Aufforderung von Tacheles schließt sich die Redaktion der FHP vollumfänglich an.
Die Benachteiligung, die Stignatisierung und den Lügen der einschlägigen Presseanstalten (wie zB. BILD) gegenüber den Hartz IV Empfängern muss ein Ende gesetzt werden.
Besonders Alleinerziehende Hartz IV Empfänger sollten sich beteiligen, denn diese werden im besonderen Maaße ausgegrenzt und benachteiligt.
Alle (geplanten) Leistungserhöhungen gehen an den alleinerziehenden Leistungsempfängern vorbei, weil diese immer angerechnet werden. Auch dem muss ein Ende gesetzt werden. 

Der Erwerbslosenverein Tacheles e.V. ruft am 15.04.2015 vor dem Rathaus in Barmen auf zum Protest gegen untragbare Zustände in den Wuppertaler Jobcentern.
Das Jobcenter Wuppertal probiert sich immer wieder gerne in positiver medialer Selbstdarstellung:Eifrig beim Fördern und erfolgreich beim Vermitteln… Diejenigen, die in Arbeitslosigkeit und Not geraten sind und Unterstützung vom Jobcenter benötigen, merken meist schnell, dass die öffentlichen Äußerungen des Jobcenter Vorstands nichts mit den Zuständen in der Behörde selbst zu tun haben. Ihnen gegenüber treten die MitarbeiterInnen der Behörde oft ganz anders auf: Nichthilfreich und entgegenkommend, sondern hindernd und hinauszögernd.

Überaus eifrig ist dasJobcenter lediglich, wenn es darum geht, mit Sanktionen Leistungen unter das Existenzminimumzu kürzen. 

Bei allem anderen lässt sich das Jobcenter gerne etwas mehr Zeit. Bezug von Arbeitslosengeld II aber bedeutet Leben am Existenzminimum, das sollte das Jobcenter eigentlich wissen. Langes Warten auf Auszahlung von Leistungen führt schnell in eine bedrohliche Situation. Trotzdem sorgt das Jobcenter regelmäßig dafür, dass das Existenzminimum unterschritten wird.
Was häufig passiert (hier folgt eine unvollständige Aufzählung):
• Zustehende Leistungen werden mitunter scheinbar willkürlich versagt und müssen erst durch die rechtlichen Instanzen erkämpft werden.
• Für Vorschüsse auf beantragte Leistungen fühlt sich das Jobcenter nicht zuständig – dafür gibt es ja Almosen von der Tafel.
• Eingereichte Unterlagen verschwinden immer wieder im Jobcenter auf geheimnisvolle Weise nach der Einreichung auf dem Weg in die Leistungsakte.
• Die Bearbeitungsdauer von Anträgen ist viel zu lang und strapaziert die Kapazitäten derer, die nicht mehr genug zum Leben haben, denn hier zählt jeder Eurocent und zwar sofort.
• Gelder werden einbehalten, ohne dass ein Bescheid zugestellt wird.
• Seit Jahren weigert sich das Jobcenter Wuppertal, die Unterkunftskosten an die tatsächliche Entwicklung nach oben anzupassen oder die Berechnungsgrundlage offenzulegen. Und vieles mehr…

Damit muss Schluss sein! Wir fordern ( nicht nur) das Jobcenter Wuppertal auf, nicht auf die Statistik zu schauen, sondern auf die Hilfebedürftigkeit! 

Wir fordern die sorgfältige, zügige und den Sozialgesetzen entsprechende Bearbeitung von Anträgen im Jobcenter Wuppertal! Wir fordern die sofortige Anpassung der Unterkunftskosten an die reale Entwicklung und Umsetzung der Rechtsprechung des Düsseldorfer Sozialgerichts! Protest ist wirksam, wenn er von einer breiten Masse unterstützt wird. 

Also kommt mit uns am Mittwoch, 15. April 2015, von 08:00 bis 13:00 Uhr zur Kundgebung zum Rathaus Barmen (Johannes-Rau-Platz)!
Das Jobcenter Wuppertal wird unter alleiniger Verantwortung der Stadt Wuppertal betrieben. Deshalb findet unser Protest am Rathaus an der richtigen Stelle statt. Neben Redebeiträgen und der Möglichkeit, sich über die Wuppertaler Zustände im Jobcenter zu informieren, wird dort auch die offene Sozialberatung von Tacheles e.V. durchgeführt. Der Protest von Tacheles findet im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages von Erwerbslosen unter dem Motto: „AufRecht bestehen! 10 Jahre Hartz IV sind genug!“ statt. Erwerbslosengruppen fordern hier unter anderem:
Keine Sonderrechte in den Jobcentern!  
– Ein ausreichendes Mindesteinkommen in Europa! 
– Die Abschaffung bestehender Sanktionen!
Aufruf zum Download http://tacheles-sozialhilfe.de/…/Flyer_Wuppertaler_Zustaend…

Donnerstag, 12. März 2015

FHP: Freie Hartz IV Presse

Arbeitsamtskandal: Der nächste BA - Mitarbeiter packt aus!
"Wir statten Arbeitgeber mit billigem Menschenmaterial aus" 


Zu ihm kommen alleinerziehende Mütter, die trotz Hochschulabschlusses keinen Job finden. Selbständige Grafikdesigner mit einem monatlichen Gewinn von 200 Euro. Migranten, die die sittenwidrigen Verträge, die sie unterschreiben, nicht lesen können. Er verachtet Zeitarbeitsfirmen und staunt über die rassistischen Kommentare mancher Kollegen. Claus Meisner ist Arbeitsvermittler in einem Berliner Jobcenter.
Meisner, der eigentlich anders heißt, ist seit mehreren Jahren zuständig dafür, gemeinsam mit Menschen, die Arbeitslosengeld II empfangen, auf Jobsuche zu gehen oder sie in einer Fortbildung unterzubringen. Zu ihm kommen vor allem Arbeitslose über 25 Jahre, für die jüngeren gibt es eigene Vermittler. Auch für Jobsuchende über 55 Jahren gibt es in manchen Jobcentern spezielle Teams. Bei einem Treffen wird deutlich, wie sehr er mit vielem, was ihm in seinem Arbeitsalltag begegnen, hadert. Mehr und mehr Beispiele fallen ihm ein für das, was seiner Meinung nach falsch läuft. "Wir könnten hier noch bis zwei Uhr nachts sitzen", sagt er am Ende des Gesprächs. Subjektive Einblicke in das System Hartz IV von einem seiner Verwalter.
Akademiker: "Viele verkaufen sich unter Wert"
Mach' Abitur, geh' an die Uni - dann findest du auch einen guten Job. Ein Hochschulabschluss gilt als bester Schutz vor Hartz IV. Die Arbeitslosenquote unter Akademikern liegt bei weniger als drei Prozent. Claus Meisner trifft jedoch im Jobcenter immer wieder auf Akademiker. "Die meisten schämen sich und erklären erst einmal: Ich bin nicht so wie die anderen, die da draußen sitzen." Häufig trifft es Uni-Absolventen, die nach dem Abschluss nicht sofort einen Job finden und die nicht von ihren Eltern unterstützt werden können.
"Viele von ihnen verkaufen sich unter Wert", sagt er. Architekten, die für 1500 Euro brutto Vollzeit arbeiten. Grafikdesigner, die als Selbständige einen monatlichen Gewinn von 200 Euro ausweisen und deswegen aufstocken müssen. Absolventen, die in Werbeagenturen oder großen Verlagen ganze Kampagnen leiten - für ein Praktikumsgehalt von 500 Euro im Monat. Er berichtet von namhaften Unternehmen, die gut ausgebildete junge Leute von einem Praktikumsvertrag zum nächsten schieben.
"Einige meiner Kunden nehmen die Arbeitgeber auch noch in Schutz", sagt er. "Es sei im Moment eben eine schwierige Situation, und das Renommee eines großen Namens sei doch auch viel wert, heißt es dann." Dass diese großen Namen ordentlich Geld verdienen, wenn sie eine Kampagne von einem Praktikanten anstelle eines ordentlich bezahlten Festangestellten ausrichten lassen - das macht Meisner wütend. "Bei den Akademikern ist nicht das zu hohe Anspruchsdenken das Problem. Im Gegenteil: Ich muss oft das gar nicht mehr vorhandene Anspruchsdenken überhaupt erst wecken."
Meisner hat Hemmungen, Akademiker in solche Jobs zu vermitteln. Aber er sieht sich in einem Dilemma: "Ich werde von der Arbeitsagentur in eine Rolle gedrängt, in der ich gar nicht sein möchte." Denn seinem Arbeitgeber ist es erst einmal wichtig, die Arbeitslosenzahl zu senken, die Kunden in sozialversicherungspflichtigen Stellen unterzubringen. Da sei es egal, ob jemand 451 Euro oder 4510 Euro im Monat verdient - "Integration ist Integration".
Alleinerziehende - Wer bietet Mutti-Schichten?
Empörung erlebt Meisner sehr selten. Dafür Resignation, manchmal Tränen. Wie soll es einem Menschen auch gehen, der ganz genau weiß, dass er nicht mehr loskommt vom Jobcenter? Die kommenden Jahre auf keinen Fall, vielleicht aber auch nie? Für viele alleinerziehende Mütter kommt diese Erkenntnis schnell, erzählt Meisner. Wer ein Kind hat und keinen Partner, das zeigen alle Studien, hat ein besonders großes Risiko, arm zu werden.
Alleinerziehende Mütter ohne hohe Qualifikation suchten häufig Jobs im Handel oder in der Gastronomie, erzählt Meisner. "Da gibt es aber bei den Unternehmern keinerlei Verantwortungsgefühl." Große Handelsketten zum Beispiel: Sie bieten fast nur noch Teilzeitstellen oder gleich Minijobs an. "Doch selbst wenn die Frauen nur zehn bis 15 Stunden die Woche arbeiten, sollen sie während der gesamten Öffnungszeiten verfügbar sein. Die Alleinerziehende fällt da komplett raus." Da kann er sie in noch so viele Weiterbildungsmaßnahmen stecken. "Die Alleinerziehende bleibt so lange arbeitslos, bis sie ein Unternehmen findet, das Mutti-Schichten anbietet."
Mutti-Schichten. Meisner stutzt, kurz nachdem das Wort aus seinem Mund ist, es hört sich für Außenstehende arg flapsig an. "Das ist nicht abwertend gemeint, so heißt das im Jargon." Meisner legt im Gespräch viel Wert darauf, nicht zynisch zu wirken, denkt die meisten seiner Sätze zu Ende, bevor er sie ausspricht, so dass sie beinahe druckreif beim Gegenüber ankommen. Dass er auf der Seite seiner Kunden steht, ist nicht zu überhören. Über sie spricht er bewusst respektvoll. Seine Angriffe auf alle, die seiner Meinung nach nicht empathisch genug mit ihnen umgehen, sind hingegen scharf und deutlich.
Meisner spricht respektvoll von seinen Kunden
Meisner berichtet nun von einer Kundin, die er seit einigen Monaten betreut. Wirtschaftsingenieurin, sehr guter Abschluss, Praktika bei großen Automobilunternehmen, optimale Bewerbungsunterlagen, perfekte Englischkenntnisse. Aber eben: alleinerziehende Mutter. "Ein Kind ist immer ein Ausfallrisiko, selbst wenn sie als Wirtschaftsingenieurin gar keine Früh- oder Spätschichten übernehmen muss." Trotzdem zögern die Arbeitgeber, stellen dann doch lieber einen jungen Mann ein, womöglich sogar mit geringerer Qualifikation.
Und das, obwohl Wirtschaftsingenieure doch so gefragt sind? "Ich frage mich immer, woher diese Informationen kommen", sagt Meisner lapidar. Wirtschaftsingenieure seien gesucht, ja. Aber eben nur solche, die sonst kein "Vermittlungshemmnis" mitbringen, wie es im Deutsch der Arbeitsagentur heißt. Seiner Kundin, die jeden Tag die Kraft aufbringen muss, weitere Bewerbungen zu schreiben und die Hoffnung nicht aufzugeben, bringen die Klagen der Unternehmer über zu wenig Fachpersonal also nichts.
In vielen Fällen bleibt den Müttern nur, sich mit jahrelanger Arbeitslosigkeit abzufinden. "Da gehört dann eben der Besuch in der Suppenküche am letzten Wochenende des Monats zum Alltag", sagt Meisner. Wütend machen ihn Außenstehende, die hier von der "sozialen Hängematte" sprechen, den Arbeitslosen vorwerfen, sich in ihrer Situation einzurichten. Denn sich damit zu arrangieren, erfordere viel Kraft, sei eine große Leistung, findet der Jobvermittler.
Rassistische Kollegen, Ausbeutung von Migranten
Migranten werden häufig ausgebeutet
Polen? Arbeiten schwarz. "Zigeuner"? Vermehren sich wie Karnickel. Aussagen wie diese bekommt Claus Meisner erschreckend häufig von Kollegen zu hören. "Da ist von 'Negern' die Rede, Ressentiments und Vorurteile über die Kunden werden gepflegt." Nicht von allen Arbeitsvermittlern, natürlich. "Aber ich rede hier auch nicht von zwei oder drei Leuten. Und was wollen Sie von einem solchen Arbeitsvermittler erwarten?"
Zum Beispiel das: Eine Kundin, die kaum Deutsch versteht und außerdem Analphabetin ist, unterschreibt eine Eingliederungsvereinbarung, in der die Agentur für Arbeit sie dazu verpflichtet, sich zehnmal im Monat zu bewerben. "Sie unterschreibt dann in den paar Druckbuchstaben, die sie kann, einen Vertrag, den sie nicht versteht." Und kann ihn natürlich nicht erfüllen - denn wie soll sich jemand bewerben, wenn er nicht einmal ein Anschreiben verfassen kann? Schlimmstenfalls können dem Kunden dann die Bezüge gekürzt werden.
"Da soll einfach eine Quote erfüllt werden", sagt Meisner. Arbeitsvermittler werden von der Agentur dazu angehalten, möglichst viele Eingliederungsvereinbarungen abzuschließen. Das zähle für seinen Arbeitgeber mehr als die Frage, ob er als Vermittler Rücksicht auf die Bedürfnisse seiner Kunden nehme, ob der Kunde gar glücklich sei, sagt Meisner und klingt wütend dabei. Er schüttelt den Kopf, zündet sich eine Zigarette an.
Die Kollegen - fragwürdiges Menschenbild
Dabei seien gerade Analphabeten mit schlechten Deutschkenntnissen besonders auf die Hilfe ihrer Arbeitsvermittler angewiesen. "Je schlechter jemand die Sprache spricht, je schlechter er schreiben kann - desto größer ist auch die Gefahr, dass er ausgebeutet wird", sagt Meisner.
Nicht nur gegenüber Migranten haben viele seiner Kollegen Vorbehalte, so berichtet es Meisner. Die Gängelung, von der viele Empfänger von Arbeitslosengeld II berichten? Gibt es, sagt er. "Das ist oft subtil. Ich habe zum Beispiel eine Kollegin, die schaut ihren Kunden nie ins Gesicht, wenn sie mit ihnen spricht. Sie spricht mit dem Computer." Meisner spricht auch von Kollegen, die einen regelrechten Wettbewerb ausgerufen haben: Wer verhängt die meisten Sanktionen?
Viele Arbeitsvermittler, so erzählt es Meisner, könnten mit den Problemen und den anderen "Lebensentwürfen" ihrer Kunden nichts anfangen. "Sie glauben, dass sie die Vorzeige-Bürger sind, die das perfekte Leben haben. Und dass es ihre Aufgabe ist, ihre Kunden zu erziehen." Sie seien erst einmal grundsätzlich misstrauisch gegenüber dem, was ihr Gegenüber sagt und tut. Woher hat zum Beispiel der Hartz-IV-Empfänger diese teure Outdoor-Jacke? Einer Kundin wurde von einem seiner Vorgänger sogar die Reise in ihr Heimatland verwehrt, weil er nicht glauben wollte, dass tatsächlich die Mutter gestorben war.
In bestimmten Fällen kann auch er nicht anders, als Sanktionen zu verhängen, sagt Meisner: "Wenn jemand nicht zum Termin erscheint, ich eine Anhörung rausschicke, er wieder nicht antwortet - dann muss ich Sanktionen erlassen." Anhörung heißen die Briefe, die die Agentur an ihre Kunden schreibt, wenn die sich aus Sicht der Behörde etwas zuschulden kommen lassen. Meistens, so erzählt es Meisner, sind Depressionen der Grund, wenn einer nicht kommt. Viele seiner Kunden leiden unter Panikattacken, können ihr Bett nicht verlassen, die Briefe bleiben ungeöffnet im Briefkasten stecken. Mit der U-Bahn zum Arzt fahren, im Warteraum voller Menschen sitzen? Geht dann nicht mehr.
Geht es der Agentur nur um Kennzahlen?
Wenn er bemerkt, dass er einen depressiven Menschen vor sich hat, bricht Meisner schon einmal ein ungeschriebenes Arbeitsvermittler-Gesetz: Er gibt seine Durchwahl raus. "Für viele ist es dann leichter anzurufen und mit mir zu sprechen, bevor ich wieder so eine Anhörung in diesem drohenden Amtston rausschicke." Die Anhörungen sind Standardschreiben, aus den immer selben Textbausteinen zusammengebaut. "Für jemanden, der ohnehin schon psychische Schwierigkeiten hat, ist so ein Schreiben schrecklich."
Natürlich werde er auch misstrauisch, wenn jemand innerhalb eines Jahres zehn nahe Verwandte beerdigt und trotzdem bester Laune sei, schränkt Meisner ein, "nur weil jemand empathisch ist, ist er ja nicht blöd". Dennoch: Im Laufe des Gesprächs entsteht immer wieder der Eindruck, er habe innerlich die Seiten gewechselt. Von seinen Kunden spricht er freundlich und mitfühlend. Mit seiner Behörde hadert er.
Warum er den Job nicht aufgibt, wenn ihn so viele Dinge stören? Er habe in seiner Position genügend Freiheiten, Dinge anders zu machen als erwartet, sagt er. "Die Gespräche mit den Kunden finden ja unter vier Augen statt." Was natürlich auch mal zum Nachteil der Kunden ausgehen kann, wenn sie auf einen weniger wohlwollenden Vermittler treffen. "Die Frage, ob sie einen guten oder einen schlechten Vermittler bekommen, entscheidet sich allein am Anfangsbuchstaben ihres Nachnamens", sagt Meisner. Er hält sich für einen der guten.
Die Arbeitgeber - Häufig profitiert der Chef
Natürlich gibt es auch unter seinen Kunden jene Menschen, die unfein "Sozialschmarotzer" genannt werden. "Sehr clevere Leute, die sich immer wieder entziehen." Häufiger als auf die viel beschriebene "soziale Hängematte" trifft Meisner aber auf einen anderen Fall. Kunden, die einem Minijob nachgehen, weiter Leistungen beziehen und in ihrer übrigen Zeit schwarz arbeiten. "In der Gastronomie ist das gang und gäbe. Die Unternehmer stellen die Leute auf 450-Euro-Basis ein, lassen sie aber mehr arbeiten."
Meisner setzt in solchen Fällen manchmal Qualifizierungsmaßnahmen an, damit seine Kunden außerhalb der legalen Arbeitszeit wenigstens am Rechner sitzen und Stellenanzeigen lesen, anstatt schwarz zu arbeiten. "Das ist manchen Arbeitgebern dann zu blöd - und plötzlich klappt es mit dem Vollzeit-Vertrag." Aber es gibt auch negative Beispiele, solche, wo der Chef sagt: Dann geh doch!"
Der Arbeitgeberservice - fragwürdiger Teil des Systems
"Wir statten Arbeitgeber mit billigem Menschenmaterial aus", kommentiert Meisner das, was seine Behörde tut. Als Beispiel nennt er das Weihnachtsgeschäft. "Da ruft ein großes Versandunternehmen aus dem Norden Berlins an: Hey, wir brauchen Leute. Dann trommelt die Agentur in Infoveranstaltungen Leute zusammen, schiebt sie in diese Jobs - obwohl völlig klar ist, dass sie nach dem Weihnachtsgeschäft wieder arbeitslos sein werden."
In der Reinigungsbranche, im Bereich Sicherheit und vor allem in der Zeitarbeit seien die Verhältnisse ebenso prekär. "Der Aufstieg der Zeitarbeit wäre ohne die Agenda 2010 nie möglich gewesen", sagt er. "Wir haben durch sie die Macht, die Menschen unter der Androhung von Sanktionen und einschneidender finanzieller Einbußen dazu zu treiben."
Keiner seiner Kunden käme etwa von sich aus auf die Idee, bei einer Zeitarbeitsfirma anzuheuern. "Allen Imagekampagnen zum Trotz hat die Branche den Ruf, den sie hat, zu Recht."
Nach Ansicht von Meisner wollen Zeitarbeitsfirmen nur eins: Geld machen mit der Not von Menschen, die anderswo keine Arbeit finden. Die Sprungbrettfunktion, die der Zeitarbeit nachgesagt wird? Ein Mythos, ist sich Meisner sicher. Statistiken bestätigen seine Beobachtungen: Knapp die Hälfte der Zeitarbeiter kommt nicht über eine Beschäftigungsdauer von drei Monaten hinaus.
Der Arbeitgeber als König unter den Kunden
Unternehmen haben einen eigenen Ansprechpartner in der Arbeitsagentur - den sogenannten Arbeitgeberservice. Die Mitarbeiter des Arbeitgeberservices speisen unter anderem Stellenanzeigen in das interne System der Arbeitsagentur ein. Was da manchmal in internen Vermerken steht, die der Arbeitssuchende selbst nicht sieht, macht Meisner fassungslos. Da will ein Arbeitgeber "nur Deutsche" oder "nur attraktive, junge Frauen". Alles Einschränkungen, deretwegen Unternehmen in offiziellen Jobanzeigen eine Abmahnung kassieren würden, wegen des AGG, des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes.
Natürlich seien gewisse Anforderungen erlaubt, sagt er. Zum Beispiel gebe es Bürojobs, für die perfekte Deutschkenntnisse vonnöten seien - "aber dafür muss ich ja kein deutscher Staatsbürger sein". Doch was soll er tun? Aus Prinzip gegen die internen Vermerke verstoßen? "Das will ich nicht, weil ich dann meinem Kunden einen Auftrag für eine Bewerbung gebe, von dem ich weiß, dass sie sowieso keinen Erfolg haben wird."
Im schlimmsten Fall beschwert sich dann der Arbeitgeber beim Arbeitgeberservice und der Arbeitsvermittler bekommt einen Rüffel. Die Kontakte zu den Unternehmen sind wichtig für die Agentur, nur so gelingt es ihnen, Menschen zu "integrieren" wie es im Jargon heißt.
Sie also - wenn auch nur kurz, häufig unter prekären Bedingungen - aus der Arbeitslosenstatistik zu halten. So stellt es zumindest Meisner dar. "Der Arbeitgeber ist der König unter den Kunden. Die anderen heißen nur so."
(Quelle: sueddeutsche.de)
Hartz IV
FHP: Freie Hartz IV Presse
Deutscher Kinderschutzbund (DKSB) warnt eindringlich
Schäuble-Plan bringt noch mehr Hartz-IV-Empfänger

Der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) warnt die Große Koalition davor, "die Ungerechtigkeiten in der Familienförderung zu vergrößern und noch mehr Hartz-IV-Bezieher zu produzieren."
In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag) sagte Präsident Heinz Hilgers: "Der neue Vorschlag von Finanzminister Wolfgang Schäuble ist allein darauf ausgerichtet, Kinder aus besser verdienenden Familien willkommen zu heißen, Kinder von Normalverdienern und von Armen fallen dagegen in der Förderung zurück, und die Kluft zwischen Arm und Reich wächst." Hilgers forderte, die SPD müsse in den Detailverhandlungen mit Schäuble für Korrekturen sorgen und "endlich zeigen, dass sie bei der Bekämpfung von Kinderarmut durchsetzungsfähig ist".
Der Kinderschutzbund-Präsident kritisierte, schon jetzt lebten 850 000 Kinder und Jugendliche bei Eltern, die - obwohl berufstätig - ergänzend Hartz-IV-Leistungen beantragen müssten, um über die Runden zu kommen. Bei Alleinerziehenden mit Kindern unter 18 Jahren liege die Quote der Hartz-IV-Empfänger bei 38,6 Prozent. Wenn nun das steuerliche Existenzminimum angehoben wird, erhöht das laut Hilgers zugleich die Zahl der Menschen mit Hartz-IV-Anspruch.
Er bezeichnete es vor diesem Hintergrund als "Skandal, dass nicht wenigstens der Entlastungsbetrag für die Alleinerziehenden erhöht werden soll".
Noch besser wäre es nach den Worten von Hilgers, wenn das gesamte System der Familienförderung "vom Kopf auf die Füße gestellt würde".
Er kritisierte: "Das Kindergeld beträgt 184 Euro, Besserverdienende profitieren aber deutlich stärker. Der maximale Ertrag durch die Steuerentlastungen beläuft sich auf 277 Euro im Monat. Diese Kluft wird durch die Anhebung der Freibeträge noch vergrößert."
Hilgers plädierte stattdessen für eine Kindergrundsicherung, die sich am Existenzminimum orientiert. Diese Grundsicherung - aktuell verlangt der DKSB 536 Euro im Monat - solle dann nach Einkommen gestaffelt versteuert werden.
 Hartz IV
FHP: Freie Hartz IV Presse
Verbände fordern ein gesetzliches Verbot von Stromsperren für Familien mit Kindern, ältere Menschen und Behinderte.
Bei Zahlungsunfähigkeit privater Haushalte soll eine Mitteilungspflicht für Energiedienstleister an die Sozialbehörden eingeführt werden.
Verbände klagen Spaltung in Arm und Reich an
Auf mehr als 600 Seiten sind in dem Bericht unter anderem statistische Daten zur Einkommensverteilung und zu Sozialleistungen zusammengetragen. Ein Teil des Berichts wurde von Wohlfahrtsverbänden, der Landesarmutskonferenz und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) erstellt. Die Verfasser beklagten, dass die gesellschaftliche Spaltung in Arm und Reich auch in Rheinland-Pfalz immer weiter voranschreite.
Die Verbände wiesen darauf hin, dass sich nicht nur in den großen Zentren des Landes, sondern auch in Kleinstädten zunehmend separate Stadtviertel herausbildeten, in denen sich die ärmere Bevölkerung konzentriere.
Das Armutsrisiko für ältere Menschen liegt in Rheinland-Pfalz deutlich über dem bundesweiten Schnitt. Das geht aus dem Armuts- und Reichtumsbericht hervor.
Die sogenannte Armutsrisikoquote Älterer lag 2012 mit 18,8 Prozent über dem Durchschnittswert für die gesamte deutsche Bevölkerung (15,9 Prozent). Seit 2005 sei die Quote deutlicher angestiegen als der Gesamtdurchschnitt, teilte Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) bei der Vorstellung des fünften Armuts- und Reichtumsberichts der Landesregierung am Mittwoch mit.
Bei Frauen ab 65 Jahren erreiche die Armutsrisikoquote 22,2 Prozent: ein Plus von drei Prozentpunkten seit 2005. Auch bei der Altersgruppe der 50- bis 64-Jährigen sei ein Anstieg zu beobachten, so Bätzing-Lichtenthäler. Als arm gelten Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens haben.
Hartz IV
FHP: Freie Hartz IV Presse

Deutscher Armutsskandal:
Der nächste Sozialverband geht in die Offensive...

Die Volkssolidarität meldet fatale Armutszahlen und stellt klare Forderungen
Immer mehr alte Menschen können nicht von ihrer Rente leben. Sie landen in der Grundsicherung. Doch die schützt aus Sozialverbands-Sicht nicht wirklich gegen Armut.
Die absolute Zahl ist nicht beängstigend. Nur drei Prozent der Rentner in Deutschland, also ziemlich genau 500 000 Menschen dieser Altersgruppe, sind derzeit auf Grundsicherung angewiesen. Was die Sozialverbände umtreibt, sind die Steigerungsraten.
Mit einem Armutszuwachs um 48 Prozent seit 2006 ließen die alten Menschen hierzulande alle anderen Gruppen hinter sich, sagt Wolfram Friedersdorff, der Präsident der Volkssolidarität. Die verdeckte Armut ist hier noch gar nicht eingerechnet. Schätzungen zufolge beträgt die Quote derer, die trotz Bedarfs keine Grundsicherung in Anspruch nehmen, bis zu 68 Prozent.
Die Ursachen dafür reichen von Unkenntnis, Scham und der Angst, dass Angehörige zur Kasse gebeten werden könnten bis hin zur Scheu, in einem komplizierten Antragsverfahren um Leistungen zu bitten, die am Ende ohnehin oft nur sehr gering ausfallen.
Kein Geld für Lebensmittel
Das „unterste Auffangnetz“ schütze schon schon heute nicht ausreichend vor Armut, bilanzierte der Verband am Dienstag in Berlin. Das lasse sich auch daraus ersehen, dass sich immer mehr Ältere, vor allem Frauen, bei so genannten Tafeln mit Lebensmitteln versorgten. Es bestehe ein „hoher sozialpolitischer Handlungsbedarf, um Altersarmut wirksamer zu begegnen“.
Zu den Forderungen der Volkssolidarität gehört dabei nicht nur ein höherer Regelsatz. Zwar müsse auch dieser deutlich steigen, sagte Friedersdorff – und zwar von heute 399 Euro auf rund 450 Euro monatlich für Alleinstehende. Gleichzeitig seien aber auch die Freibeträge für die Anrechnung von Einkommen und Vermögen zu erhöhen, die Wohnkosten besser zu berücksichtigen und das komplette Antragsverfahren zu erleichtern.
Künftig Anträge von Amts wegen?
Gegen verdeckte Armut könnte es aus Sicht des Verbandes schon helfen, wenn die Grundsicherungsämter bei offensichtlich Bedürftigen künftig auf Informationen der Rentenversicherung hin „von Amts wegen“ Antragsverfahren zur Grundsicherung einleite. Der tatsächliche Anspruch könne dann mit Hilfe der Leistungsberechtigten ermittelt werden. Auch Wiederholungsanträge sollten nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle drei Jahre gestellt werden müssen.
Bei der Anrechnung von zusätzlichem Einkommen müsse es neben einem Grundfreibetrag von 100 Euro (wie bei Hartz IV) künftig auch einen Freibetrag für Einkünfte etwa aus Riester- oder Betriebsrenten geben, so eine weitere Forderung. Es könne ja nicht sein, dass sämtliche Anstrengungen für die Altersvorsorge durch die gegenwärtigen Einkommensanrechnung „entwertet“ würden.
15 Prozent für Altersvorsorge
Dieser Altersvorsorge-Freibetrag müsse 15 Prozent des geltenden Regelsatzes ausmachen, verlangt die Volkssolidarität. Und auch bei der Vermögensanrechnung müsse man sich an Hartz IV orientieren, es sollte hier wie im Sozialgesetzbuch II einen Freibetrag von 150 Euro pro Lebensjahr, mindestens aber 7500 Euro, geben. Zusätzlich müsse Grundsicherungs- Beziehern der Besitz eines Autos im Wert von bis zu 7500 Euro erlaubt sein. Damit lasse sich verhindern, dass Landbewohner „abgehängt und ausgegrenzt“ würden, sagte Friedersdorff.
Es gehe der Volkssolidarität nicht um eine „Grundsicherung de luxe“, betonte der Verbandspräsident. Altersarmut müsse vor allem präventiv bekämpft werden, etwa durch aktive Arbeitsmarktpolitik und ausreichenden Mindestlohn, der nach aktuellem Stand mindestens elf Euro betragen müsse. Wichtig sei aber auch, das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung nicht weiter herunterzufahren. Dies wäre wichtiger als eine „Lebensleistungsrente“, die nur Symptome kuriere und dennoch nicht verhindern könne, dass künftig immer mehr alte Menschen auf Grundsicherung angewiesen seien.

Montag, 9. März 2015

Hartz IV
FHP: Freie Hartz IV Presse
Hartz IV-Skandal
Der nächste BA - Mitarbeiter packt aus!
"Wir statten Arbeitgeber mit billigem Menschenmaterial aus" 

Zu ihm kommen alleinerziehende Mütter, die trotz Hochschulabschlusses keinen Job finden. Selbständige Grafikdesigner mit einem monatlichen Gewinn von 200 Euro. Migranten, die die sittenwidrigen Verträge, die sie unterschreiben, nicht lesen können. Er verachtet Zeitarbeitsfirmen und staunt über die rassistischen Kommentare mancher Kollegen. Claus Meisner ist Arbeitsvermittler in einem Berliner Jobcenter.

Meisner, der eigentlich anders heißt, ist seit mehreren Jahren zuständig dafür, gemeinsam mit Menschen, die Arbeitslosengeld II empfangen, auf Jobsuche zu gehen oder sie in einer Fortbildung unterzubringen. Zu ihm kommen vor allem Arbeitslose über 25 Jahre, für die jüngeren gibt es eigene Vermittler. Auch für Jobsuchende über 55 Jahren gibt es in manchen Jobcentern spezielle Teams.

Bei einem Treffen wird deutlich, wie sehr er mit vielem, was ihm in seinem Arbeitsalltag begegnen, hadert. 

Mehr und mehr Beispiele fallen ihm ein für das, was seiner Meinung nach falsch läuft. "Wir könnten hier noch bis zwei Uhr nachts sitzen", sagt er am Ende des Gesprächs.

Subjektive Einblicke in das System Hartz IV von einem seiner Verwalter.
 
Akademiker: "Viele verkaufen sich unter Wert"
Mach' Abitur, geh' an die Uni - dann findest du auch einen guten Job. Ein Hochschulabschluss gilt als bester Schutz vor Hartz IV. Die Arbeitslosenquote unter Akademikern liegt bei weniger als drei Prozent. Claus Meisner trifft jedoch im Jobcenter immer wieder auf Akademiker. "Die meisten schämen sich und erklären erst einmal: Ich bin nicht so wie die anderen, die da draußen sitzen." Häufig trifft es Uni-Absolventen, die nach dem Abschluss nicht sofort einen Job finden und die nicht von ihren Eltern unterstützt werden können.
"Viele von ihnen verkaufen sich unter Wert", sagt er. Architekten, die für 1500 Euro brutto Vollzeit arbeiten. Grafikdesigner, die als Selbständige einen monatlichen Gewinn von 200 Euro ausweisen und deswegen aufstocken müssen. Absolventen, die in Werbeagenturen oder großen Verlagen ganze Kampagnen leiten - für ein Praktikumsgehalt von 500 Euro im Monat. Er berichtet von namhaften Unternehmen, die gut ausgebildete junge Leute von einem Praktikumsvertrag zum nächsten schieben.

"Einige meiner Kunden nehmen die Arbeitgeber auch noch in Schutz", sagt er.
"Es sei im Moment eben eine schwierige Situation, und das Renommee eines großen Namens sei doch auch viel wert, heißt es dann.
" Dass diese großen Namen ordentlich Geld verdienen, wenn sie eine Kampagne von einem Praktikanten anstelle eines ordentlich bezahlten Festangestellten ausrichten lassen - das macht Meisner wütend. "Bei den Akademikern ist nicht das zu hohe Anspruchsdenken das Problem. Im Gegenteil: Ich muss oft das gar nicht mehr vorhandene Anspruchsdenken überhaupt erst wecken."

Meisner hat Hemmungen, Akademiker in solche Jobs zu vermitteln. Aber er sieht sich in einem Dilemma:

"Ich werde von der Arbeitsagentur in eine Rolle gedrängt, in der ich gar nicht sein möchte." Denn seinem Arbeitgeber ist es erst einmal wichtig, die Arbeitslosenzahl zu senken, die Kunden in sozialversicherungspflichtigen Stellen unterzubringen. Da sei es egal, ob jemand 451 Euro oder 4510 Euro im Monat verdient - "Integration ist Integration".

Alleinerziehende - Wer bietet Mutti-Schichten?
Empörung erlebt Meisner sehr selten. Dafür Resignation, manchmal Tränen. Wie soll es einem Menschen auch gehen, der ganz genau weiß, dass er nicht mehr loskommt vom Jobcenter? Die kommenden Jahre auf keinen Fall, vielleicht aber auch nie? Für viele alleinerziehende Mütter kommt diese Erkenntnis schnell, erzählt Meisner. Wer ein Kind hat und keinen Partner, das zeigen alle Studien, hat ein besonders großes Risiko, arm zu werden.
Alleinerziehende Mütter ohne hohe Qualifikation suchten häufig Jobs im Handel oder in der Gastronomie, erzählt Meisner. "Da gibt es aber bei den Unternehmern keinerlei Verantwortungsgefühl." Große Handelsketten zum Beispiel: Sie bieten fast nur noch Teilzeitstellen oder gleich Minijobs an. "Doch selbst wenn die Frauen nur zehn bis 15 Stunden die Woche arbeiten, sollen sie während der gesamten Öffnungszeiten verfügbar sein. Die Alleinerziehende fällt da komplett raus." Da kann er sie in noch so viele Weiterbildungsmaßnahmen stecken. "Die Alleinerziehende bleibt so lange arbeitslos, bis sie ein Unternehmen findet, das Mutti-Schichten anbietet."

Mutti-Schichten. Meisner stutzt, kurz nachdem das Wort aus seinem Mund ist, es hört sich für Außenstehende arg flapsig an.
"Das ist nicht abwertend gemeint, so heißt das im Jargon." Meisner legt im Gespräch viel Wert darauf, nicht zynisch zu wirken, denkt die meisten seiner Sätze zu Ende, bevor er sie ausspricht, so dass sie beinahe druckreif beim Gegenüber ankommen. Dass er auf der Seite seiner Kunden steht, ist nicht zu überhören. Über sie spricht er bewusst respektvoll.
Seine Angriffe auf alle, die seiner Meinung nach nicht empathisch genug mit ihnen umgehen, sind hingegen scharf und deutlich.

Meisner spricht respektvoll von seinen Kunden
Meisner berichtet nun von einer Kundin, die er seit einigen Monaten betreut. Wirtschaftsingenieurin, sehr guter Abschluss, Praktika bei großen Automobilunternehmen, optimale Bewerbungsunterlagen, perfekte Englischkenntnisse. Aber eben: alleinerziehende Mutter. "Ein Kind ist immer ein Ausfallrisiko, selbst wenn sie als Wirtschaftsingenieurin gar keine Früh- oder Spätschichten übernehmen muss." Trotzdem zögern die Arbeitgeber, stellen dann doch lieber einen jungen Mann ein, womöglich sogar mit geringerer Qualifikation.
Und das, obwohl Wirtschaftsingenieure doch so gefragt sind? "Ich frage mich immer, woher diese Informationen kommen", sagt Meisner lapidar. Wirtschaftsingenieure seien gesucht, ja. Aber eben nur solche, die sonst kein "Vermittlungshemmnis" mitbringen, wie es im Deutsch der Arbeitsagentur heißt. Seiner Kundin, die jeden Tag die Kraft aufbringen muss, weitere Bewerbungen zu schreiben und die Hoffnung nicht aufzugeben, bringen die Klagen der Unternehmer über zu wenig Fachpersonal also nichts.
In vielen Fällen bleibt den Müttern nur, sich mit jahrelanger Arbeitslosigkeit abzufinden. "Da gehört dann eben der Besuch in der Suppenküche am letzten Wochenende des Monats zum Alltag", sagt Meisner. Wütend machen ihn Außenstehende, die hier von der "sozialen Hängematte" sprechen, den Arbeitslosen vorwerfen, sich in ihrer Situation einzurichten. Denn sich damit zu arrangieren, erfordere viel Kraft, sei eine große Leistung, findet der Jobvermittler.

Rassistische Kollegen, Ausbeutung von Migranten
Migranten werden häufig ausgebeutet
Polen? Arbeiten schwarz. "Zigeuner"? Vermehren sich wie Karnickel. Aussagen wie diese bekommt Claus Meisner erschreckend häufig von Kollegen zu hören. "Da ist von 'Negern' die Rede, Ressentiments und Vorurteile über die Kunden werden gepflegt." Nicht von allen Arbeitsvermittlern, natürlich. "Aber ich rede hier auch nicht von zwei oder drei Leuten. Und was wollen Sie von einem solchen Arbeitsvermittler erwarten?"
Zum Beispiel das:
Eine Kundin, die kaum Deutsch versteht und außerdem Analphabetin ist, unterschreibt eine Eingliederungsvereinbarung, in der die Agentur für Arbeit sie dazu verpflichtet, sich zehnmal im Monat zu bewerben. "Sie unterschreibt dann in den paar Druckbuchstaben, die sie kann, einen Vertrag, den sie nicht versteht." Und kann ihn natürlich nicht erfüllen - denn wie soll sich jemand bewerben, wenn er nicht einmal ein Anschreiben verfassen kann? Schlimmstenfalls können dem Kunden dann die Bezüge gekürzt werden.
 
"Da soll einfach eine Quote erfüllt werden", sagt Meisner. 
Arbeitsvermittler werden von der Agentur dazu angehalten, möglichst viele Eingliederungsvereinbarungen abzuschließen. Das zähle für seinen Arbeitgeber mehr als die Frage, ob er als Vermittler Rücksicht auf die Bedürfnisse seiner Kunden nehme, ob der Kunde gar glücklich sei, sagt Meisner und klingt wütend dabei. Er schüttelt den Kopf, zündet sich eine Zigarette an.

Die Kollegen - fragwürdiges Menschenbild
Dabei seien gerade Analphabeten mit schlechten Deutschkenntnissen besonders auf die Hilfe ihrer Arbeitsvermittler angewiesen. "Je schlechter jemand die Sprache spricht, je schlechter er schreiben kann - desto größer ist auch die Gefahr, dass er ausgebeutet wird", sagt Meisner.
Nicht nur gegenüber Migranten haben viele seiner Kollegen Vorbehalte, so berichtet es Meisner. Die Gängelung, von der viele Empfänger von Arbeitslosengeld II berichten?
Gibt es, sagt er. 
"Das ist oft subtil".
Ich habe zum Beispiel eine Kollegin, die schaut ihren Kunden nie ins Gesicht, wenn sie mit ihnen spricht. Sie spricht mit dem Computer."

Meisner spricht auch von Kollegen, die einen regelrechten Wettbewerb ausgerufen haben: Wer verhängt die meisten Sanktionen?

Viele Arbeitsvermittler, so erzählt es Meisner, könnten mit den Problemen und den anderen "Lebensentwürfen" ihrer Kunden nichts anfangen.
"Sie glauben, dass sie die Vorzeige-Bürger sind, die das perfekte Leben haben. 
Und dass es ihre Aufgabe ist, ihre Kunden zu erziehen."
Sie seien erst einmal grundsätzlich misstrauisch gegenüber dem, was ihr Gegenüber sagt und tut. Woher hat zum Beispiel der Hartz-IV-Empfänger diese teure Outdoor-Jacke?

Einer Kundin wurde von einem seiner Vorgänger sogar die Reise in ihr Heimatland verwehrt, weil er nicht glauben wollte, dass tatsächlich die Mutter gestorben war.

In bestimmten Fällen kann auch er nicht anders, als Sanktionen zu verhängen, sagt Meisner: "Wenn jemand nicht zum Termin erscheint, ich eine Anhörung rausschicke, er wieder nicht antwortet - dann muss ich Sanktionen erlassen." Anhörung heißen die Briefe, die die Agentur an ihre Kunden schreibt, wenn die sich aus Sicht der Behörde etwas zuschulden kommen lassen. Meistens, so erzählt es Meisner, sind Depressionen der Grund, wenn einer nicht kommt. Viele seiner Kunden leiden unter Panikattacken, können ihr Bett nicht verlassen, die Briefe bleiben ungeöffnet im Briefkasten stecken.
Mit der U-Bahn zum Arzt fahren, im Warteraum voller Menschen sitzen? Geht dann nicht mehr.

Geht es der Agentur nur um Kennzahlen?
Wenn er bemerkt, dass er einen depressiven Menschen vor sich hat, bricht Meisner schon einmal ein ungeschriebenes Arbeitsvermittler-Gesetz: Er gibt seine Durchwahl raus. "Für viele ist es dann leichter anzurufen und mit mir zu sprechen, bevor ich wieder so eine Anhörung in diesem drohenden Amtston rausschicke." Die Anhörungen sind Standardschreiben, aus den immer selben Textbausteinen zusammengebaut. "Für jemanden, der ohnehin schon psychische Schwierigkeiten hat, ist so ein Schreiben schrecklich."
Natürlich werde er auch misstrauisch, wenn jemand innerhalb eines Jahres zehn nahe Verwandte beerdigt und trotzdem bester Laune sei, schränkt Meisner ein, "nur weil jemand empathisch ist, ist er ja nicht blöd". Dennoch: Im Laufe des Gesprächs entsteht immer wieder der Eindruck, er habe innerlich die Seiten gewechselt. Von seinen Kunden spricht er freundlich und mitfühlend. Mit seiner Behörde hadert er.
Warum er den Job nicht aufgibt, wenn ihn so viele Dinge stören? Er habe in seiner Position genügend Freiheiten, Dinge anders zu machen als erwartet, sagt er. "Die Gespräche mit den Kunden finden ja unter vier Augen statt." Was natürlich auch mal zum Nachteil der Kunden ausgehen kann, wenn sie auf einen weniger wohlwollenden Vermittler treffen. "Die Frage, ob sie einen guten oder einen schlechten Vermittler bekommen, entscheidet sich allein am Anfangsbuchstaben ihres Nachnamens", sagt Meisner. Er hält sich für einen der guten.

Die Arbeitgeber - Häufig profitiert der Chef
Natürlich gibt es auch unter seinen Kunden jene Menschen, die unfein "Sozialschmarotzer" genannt werden. "Sehr clevere Leute, die sich immer wieder entziehen." Häufiger als auf die viel beschriebene "soziale Hängematte" trifft Meisner aber auf einen anderen Fall. Kunden, die einem Minijob nachgehen, weiter Leistungen beziehen und in ihrer übrigen Zeit schwarz arbeiten.
"In der Gastronomie ist das gang und gäbe."
"Die Unternehmer stellen die Leute auf 450-Euro-Basis ein, lassen sie aber mehr arbeiten."

Meisner setzt in solchen Fällen manchmal Qualifizierungsmaßnahmen an, damit seine Kunden außerhalb der legalen Arbeitszeit wenigstens am Rechner sitzen und Stellenanzeigen lesen, anstatt schwarz zu arbeiten. "Das ist manchen Arbeitgebern dann zu blöd - und plötzlich klappt es mit dem Vollzeit-Vertrag." Aber es gibt auch negative Beispiele, solche, wo der Chef sagt: Dann geh' doch.

Der Arbeitgeberservice - fragwürdiger Teil des Systems
"Wir statten Arbeitgeber mit billigem Menschenmaterial aus", kommentiert Meisner das, was seine Behörde tut.
Als Beispiel nennt er das Weihnachtsgeschäft.
"Da ruft ein großes Versandunternehmen aus dem Norden Berlins an: Hey, wir brauchen Leute. Dann trommelt die Agentur in Infoveranstaltungen Leute zusammen, schiebt sie in diese Jobs - obwohl völlig klar ist, dass sie nach dem Weihnachtsgeschäft wieder arbeitslos sein werden."

In der Reinigungsbranche, im Bereich Sicherheit und vor allem in der Zeitarbeit seien die Verhältnisse ebenso prekär. 
"Der Aufstieg der Zeitarbeit wäre ohne die Agenda 2010 nie möglich gewesen", sagt er. "Wir haben durch sie die Macht, die Menschen unter der Androhung von Sanktionen und einschneidender finanzieller Einbußen dazu zu treiben."

Keiner seiner Kunden käme etwa von sich aus auf die Idee, bei einer Zeitarbeitsfirma anzuheuern.
"Allen Imagekampagnen zum Trotz hat die Branche den Ruf, den sie hat, zu Recht."
Nach Ansicht von Meisner wollen Zeitarbeitsfirmen nur eins: Geld machen mit der Not von Menschen, die anderswo keine Arbeit finden. Die Sprungbrettfunktion, die der Zeitarbeit nachgesagt wird?
Ein Mythos, ist sich Meisner sicher. Statistiken bestätigen seine Beobachtungen:
Knapp die Hälfte der Zeitarbeiter kommt nicht über eine Beschäftigungsdauer von drei Monaten hinaus.
 
Der Arbeitgeber als König unter den Kunden
Unternehmen haben einen eigenen Ansprechpartner in der Arbeitsagentur - den sogenannten Arbeitgeberservice. Die Mitarbeiter des Arbeitgeberservices speisen unter anderem Stellenanzeigen in das interne System der Arbeitsagentur ein. Was da manchmal in internen Vermerken steht, die der Arbeitssuchende selbst nicht sieht, macht Meisner fassungslos. Da will ein Arbeitgeber "nur Deutsche" oder "nur attraktive, junge Frauen". Alles Einschränkungen, deretwegen Unternehmen in offiziellen Jobanzeigen eine Abmahnung kassieren würden, wegen des AGG, des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes.
Natürlich seien gewisse Anforderungen erlaubt, sagt er. Zum Beispiel gebe es Bürojobs, für die perfekte Deutschkenntnisse vonnöten seien - "aber dafür muss ich ja kein deutscher Staatsbürger sein".


Doch was soll er tun?
Aus Prinzip gegen die internen Vermerke verstoßen? "Das will ich nicht, weil ich dann meinem Kunden einen Auftrag für eine Bewerbung gebe, von dem ich weiß, dass sie sowieso keinen Erfolg haben wird."
Im schlimmsten Fall beschwert sich dann der Arbeitgeber beim Arbeitgeberservice und der Arbeitsvermittler bekommt einen Rüffel. Die Kontakte zu den Unternehmen sind wichtig für die Agentur, nur so gelingt es ihnen, Menschen zu "integrieren" wie es im Jargon heißt. Sie also - wenn auch nur kurz, häufig unter prekären Bedingungen - aus der Arbeitslosenstatistik zu halten. So stellt es zumindest Meisner dar.
"Der Arbeitgeber ist der König unter den Kunden. Die anderen heißen nur so."
(Quelle: sueddeutsche.de)